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Ruben und die Weihnacht

Ruben reibt sich die Augen. Es ist noch dunkel draußen, aber die Mutter ruft ihn, während sie ihm ein Frühstücksbrot für die Schule fertig macht. Der Schulbus kommt auch bald. Noch mit Schlaf in den Augen setzt sich Ruben an den Frühstückstisch. Seine Mutter fragt ihn: „Was steht heute in der Schule an? Hast du alle Bücher eingepackt, die du brauchst?“ Ruben schaut zu seinem Rucksack. Ja, es ist alles drin, was er für diesen Montag braucht. Er weiß aber noch nicht, dass er ein paar Blatt Papier mehr mit nach Hause bringen wird…

In der letzten Stunde, die für die dritte Klasse, in der Ruben ist, am frühen Nachmittag anbricht, hat die Lehrerin noch eine große Aufgabe für die Kinder. Sie sollen entscheiden, wer aus ihren Reihen am diesjährigen Krippenspiel der Schule teilnehmen soll. Das Krippenspiel wird nicht nur am letzten Schultag für alle Mitschüler und Eltern aufgeführt, sondern auch am Heiligabend in der Kirche des kleinen Ortes, in dem Ruben mit seiner Familie lebt.


Viele Kinder kennen das Krippenspiel schon und haben zugesehen, wenn „die Großen“ es in der Sporthalle aufführten. Jetzt sind sie „die Großen“. Einige Finger schießen sofort in die Höhe, andere werden hinter ihrem Tisch immer kleiner. So wie Ruben. Die Freiwilligen werden nach vorn gerufen, jedoch eine Rolle wäre noch nicht besetzt. „Ruben, wenn du Gedichte vorträgst oder deine Aufsätze vorliest, machst du das immer so schön. Möchtest du nicht noch mitmachen“, fragt die Lehrerin.

Mit jedem Satz kippelte Ruben ein Stück weiter mit seinem Stuhl nach hinten. Mit dem letzten Wort landete er auf dem Hintern und zuckte vor Schreck nur noch mehr zusammen.

Die Köpfe drehen sich zu Ruben, der schnell wieder seinen Stuhl auf die Beine stellt und inzwischen knallrote Wangen hat. Seine Mitschüler feuern ihn an. „Ruben, Ruben, Ruben“, rufen sie und trommeln dabei mit den flachen Händen auf den Tischen herum. Ein kleinlautes „Okay“ kommt aus der letzten Reihe und Ruben wird mit nach vorn gerufen. „Diese kleinen Schauspieler werden euch in diesem Jahr die Geschichte von der Geburt Jesu zeigen“, sagt die Lehrerin und zeigt präsentierend die Reihe. Aus ihrer braunen Ledertasche holt sie einige dünne Hefter, jedem Schüler drückt sie eines in die Hand. „Ihr könnt schon einen Blick auf die Texte werfen, die Rollen vergeben wir nach dem Unterricht.“

Eine gute halbe Stunde später haben alle Schüler den Klassenraum verlassen - bis auf diejenigen, die zuvor ein Heft überreicht bekamen. Die Rollen von Maria, Josef und dem Engel sind schnell vergeben. Alle übrigen Schüler streiten sich um die Rollen der drei Weisen. „Ich will eine Krone tragen“, ruft Rubens Mitschüler Ben. „Ich auch“, wirft Karl ein. Ruben hält sich noch etwas zurück und hofft, ganz durch Zufall eine Rolle mit wenig Text zu bekommen. Ein Hirte bleibt übrig, Hirte Nummer 2. Ruben blättert die Dialoge durch und ist erleichtert, dass seine heimliche Hoffnung eingetroffen ist.


Er steckt das Heft in seinen Ranzen, zieht seinen Schal fester und die Mütze bis über beide Ohren und läuft schnell zur Bushaltestelle, wo der Fahrer schon wartet, weil er sieht, wie Ruben angerannt kommt.


Ruben ist noch völlig aufgeregt, als er zu Hause ankommt. Er lässt die Tür schwungvoll hinter sich ins Schloss fallen, wirft seine Jacke von sich und eilt in die Küche. Dort bereitet seine Mutter schon das Essen zu. „Mama, ich hab’ eine Rolle!“

„Eine Rolle?“

„Ja, wir führen das Krippenspiel auf und ich bin Hirte Nummer 2. Schon nächste Woche beginnen die Proben. Ich muss meinen Text lernen! Fragst du mich ab?“

Seine Mutter drückt ihn fest an sich, lacht und sagt immer wieder: „Ich bin so stolz auf dich! Na klar, ich übe mit dir! Ich freue mich schon auf die Aufführung!“


Jetzt ist Ruben noch viel aufgeregter. Was, wenn er seine Mutter enttäuscht? Was, wenn er seinen Text vergisst? Sind seine Mama und sein Papa dann immer noch so stolz auf ihn? Und was ist mit Oma und Opa? Sie werden auch dabei sein.

Als er am Abend schon im Bett liegt, schaut er starr an die Decke. Er schaltet das Licht wieder ein und schaut noch einmal - wie bereits den ganzen Abend - auf seine Passagen und sein Herz klopft jetzt schon bis zum Hals…




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Hi, ich bin Dominique.

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