Mehr Antworten als Fragen
Es war ein Abend, der mich mit mehr Fragen als Antworten hinterließ.
Im Kino sah ich die Dokumentation über Philipp Mickenbecker.
Kurz für alle Leser, die ihn nicht kennen: Vielen war er durch seine YouTube-Videos von „Real Life“ bekannt. Er und weitere Mitstreiter, unter anderem sein Zwillingsbruder, wollten, dass die Menschen weg kommen vom Smartphone und den Monitoren und sich ins echte Leben stürzen. Eben hinein ins wahre Leben, ins „Real Life“.
Sie bauten selbst Drohnen, U-Boote, experimentierten, bauten aus allem, was sie fanden etwas zusammen und hatten damit auch große Bekanntheit erlangt.
Bereits zweimal ist Philipp in jungen Jahren an Krebs erkrankt.
Mit gerade einmal 23 Jahren starb er an Krebs und folgte damit seiner Schwester, die bei einem Flugzeug-Unglück ums Leben kam. Ich mag kaum daran denken, was all diese Schicksalsschläge für die Familie bedeuteten.
In dem 120-minütigen Film werden seine letzten drei Monate dokumentiert. Authentisch und aufrichtig, ungeschönt und pur, mit allen Höhen und Tiefen.
Vor etwa drei Stunden lief der Abspann (Mitternacht ist gerade durch) und ich bin geerdet, wie selten im Leben. Es lag auf der einen Seite daran, dass ich mich auch schon von Menschen verabschieden musste, die zu jung waren, um aus dem Leben zu scheiden.
Auf der anderen Seite ist es die Erkenntnis, dass es immer etwas gibt, das Größer ist als wir.
Ein Freund von Philipp - ich glaube, er hieß Alex - erzählte, dass er die Stärke seines Freundes kaum fassen könne. Er wollte ihm angesichts der Diagnose Mut machen, am Ende aber ging Alex ermutigt und gestärkt aus dem Gespräch mit Philipp heraus und mit der Erkenntnis, dass die meisten Menschen „leben“ wollen. Von Philipp aber hätte er gelernt, dass er lieben will.
Wo sich andere Menschen einen Plan gemacht hätten, was sie noch alles - für sich selbst - sehen und erleben wollen, bevor sie sterben, habe Philipp an andere Menschen gedacht. Wie er für sie da sein und was er für sie tun könnte.
Einige Male überkam mich Gänsehaut und ja, es flossen auch oft Tränen. Mit eben jener Einstellung zum Leben hat Philipp seinen Frieden gefunden, wie er am Ende des Films auch sagt, kurz bevor er seine Augen schließt.
Seine beste Freundin erzählte, wie selbstlos er war.
Ich wusste an dem Abend, dass ich dort im Kino sitzen muss. Ich wusste, dass es was mit mir machen würde und bei aller Liebe: Normale Filme schaffen es bei mir nicht, mich so beeindruckt nach Hause zu schicken.
Ich weiß, dass ich einige Dinge in meinem Leben ändern will. Und jetzt weiß ich auch warum. Ich habe gefühlt täglich Fragen an das Leben. Doch heute bekam ich mehr Antworten darauf, als ich zu ahnen oder hoffen wagte.
Ich kann jedem Menschen nur raten, genau das für sich herauszufinden. Nicht, was er für sich tun kann, sondern was er für andere tun kann. Geht raus. Tut es. Kümmert euch umeinander.
Jeder ist eure Nächster. Und ihr seid der Nächste von jedem anderen. …Merkt ihr was…?
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